Umbau oder Abbau Aufbau: Berlin nachverdichten

Entwurfsstudio SoSe 2023
KET UdK Berlin

Prof. Christoph Gengnagel
Christoph Henschel

In diesem Entwurfsseminar wollen wir uns mit dem Nachverdichtungspotenzial der Nachkriegswohnungsbauten im ehemaligen Westberlin beschäftigen. Die Gebäude die dort in den 50er, 60er und 70er Jahren gebaut wurden, bilden einen großen Teil von Berlins Wohnungsbestand und sind nun aufgrund ihres Alters mehr und mehr mit der Frage konfrontiert, wie es mit ihnen weiter gehen soll. Maßnahmen wie energetische Sanierungen, Aufstockungen und behutsame Umbauten können den Bestand an aktuelle Anforderungen anpassen und für die Zukunft ertüchtigen. Und doch kommt es immer wieder zu Abriss und Ersatzneubau, da dieses klima- und umweltschädliche Vorgehen leider immer noch kostengünstiger ist bzw. für Entwickler eine höhere Rendite verspricht. Zum Teil liegt dieser Kostenfaktor darin begründet, dass die betroffenen Grundstücke oft nicht effizient genug bebaut sind und durch einen Neubau besser ausgenutzt werden könnten. Oft findet sich nur ein Gebäude am Blockrand, während der freibleibende Rest des Grundstücks dann nur als Stellfläche für Autos genutzt wird.

In Zeiten von akutem Wohnungsmangel in Berlin und dringend gebotener Vermeidung von weiterer Versiegelung von Grünflächen ist diese Flächenausnutzung allerdings nicht mehr angemessen. Wie könnte also eine Nachverdichtung aussehen, die sowohl effizient als auch klimafreundlich gestaltet ist?

Im Seminar sollen drei solcher locker bebauten Grundstücke untersucht werden. Für jedes Grundstück sollen zwei Nachverdichtungskonzepte entwickelt werden: zum einen die Nachverdichtung im Bestand (Umbau), zum anderen die Nachverdichtung unter Einbezug des rückgebauten Bestands (Abbau Aufbau).

Für das Umbauszenario kommen Aufstockungen, Umplanungen der Wohnungsgrundrisse oder Erschließung sowie neue Gebäude auf den Parkplatzflächen in Frage. Für das Abbau-Aufbau-Szenario soll das Bestandsgebäude in wiederverwendbare Bauteile aus Stahlbeton zerlegt werden, welche dann für ein neues Gebäude auf dem Grundstück wieder eingesetzt werden sollen.

Im Abschluss sollen die beiden Konzepte auf unterschiedlichen Ebenen verglichen und diskutiert werden. Die Anzahl und Qualität der Wohnungen, der Verbrauch an Herstellungsenergie für eingesetzte Baustoffe, aber auch die Ausnutzung des Grundstücks und die Qualität des Städtebaus sollen als Diskussionsgrundlage dienen.

Das Seminar ist in fünf inhaltliche Blöcke gegliedert:

  • Bestandserfassung
    Durch Vorort-Besichtigung und Einsicht in die Bauakten soll der Bestand erfasst und verstanden werden.

  • Städtebau
    Regulatorische Vorgaben wie Abstandsflächen und Brandschutzanforderungen sollen recherchiert und angewendet werden. Vorgaben der B-Pläne wie GFZ und Nutzung sollen kritisch hinterfragt und ggf. bewusst missachtet werden.

  • Anforderungen an Wohnungen und Wohnungstypen
    Anhand von aktuellen Studien zum Berliner Wohnungsmarkt soll der derzeitige bzw. zukünftige Bedarf an Wohnungstypen und Wohnformen ermittelt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen als Grundlage für die Entwürfe dienen.

  • Entwurf, Baukonstruktion, Statik
    Die Entwürfe sollen auch auf baukonstruktiver und tragwerksplanerischer Ebene durchdacht sein. Der Fokus soll hier auf nachhaltigen Baustoffen und effizientem Einsatz der Materialien liegen.

  • LCA (Ökobilanz)
    Anhand der Baukonstruktion soll eine simple Ökobilanzierung der Herstellungsenergie der Gebäude erstellt werden. Diese soll als Bewertungsgrundlage für den Vergleich der unterschiedlichen Konzepte dienen.
     

Folgende Aspekte sollen für die Konzepte ausgeklammert werden:

  • Bestandsmieter:innen 
    In den umgebauten bzw. neuen Gebäuden werden mehr Wohnungen zur Verfügung stehen als zuvor im Bestand. Daher kann davon ausgegangen werden, dass Bestandsmieter:innen nach Fertigstellung wieder einziehen können.

  • Kosten
    Die Baukosten sollen für die Konzepte nicht berücksichtigt werden. Zum einen gibt es für die Wiederverwendung von Bauelementen noch keine Kostenindexe, zum anderen bilden die aktuellen Kosten für umweltschädliche Baustoffe wie Beton oder Mineralwolle nicht die Folgekosten für ihren negativen Beitrag zum Klimawandel ab. Sie sind daher also zurzeit noch zu günstig.

  • Stadtplanungsrecht
    Viele B-Pläne sind stark veraltet und müssen hinterfragt und mit aktuellen Anforderungen abgeglichen werden. Stellplatzanforderungen nach Bauordnung werden nicht beachtet.
     
Lageplan Bundesallee 126
Lageplan Bundesallee 126
Lageplan Reuterstraße 34/35
Lageplan Reuterstraße 34/35
Lageplan Wilmersdorfer Str. 160
Lageplan Wilmersdorfer Str. 160
Bundesallee 126
Bundesallee 126
Reuterstraße 34/35
Reuterstraße 34/35
Wilmersdorfer Str. 160
Wilmersdorfer Str. 160
Aufgabenstellung
Aufgabenstellung
Endpräsentation Juli 2023
Endpräsentation Juli 2023

Ergebnisse

Umbau und Erweiterung Reuterstr. 34/35
P. Brückner, E. Eder, G. Ingold, F. Schuschan



Umbau und Nachverdichtung Bundesallee 126
M. Stevens, C. Randel, E. Petri



Abbau Aufbau Bundesallee 126
B. Bücking, H. Cramer, L. Schräder



Abbau Aufbau Wilmersdorferstr. 160
J. Cantzen, L. Jakoby



Umbau und Nachverdichtung Wilmersdorferstr. 160
A. Grassl, A. Stevenson

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Dieses Forschungsprojekt wird gefördert durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen aus Mitteln der Zukunft Bau Forschungsförderung.