FAQ
Sollte man Gebäude nicht lieber stehen lassen?
Ja, das wäre das Beste. Allerdings kann es bei leerstehenden Gebäuden aufgrund von veränderten Anforderungen für die zukünftige Verwendung (Größe, Nutzung, etc.), die im Bestand nicht realisiert werden können, in Ausnahmefällen zu begründeten Entscheidungen für einen Rückbau kommen. Dem vorliegenden Forschungsprojekt liegt die Annahme zugrunde, dass in Fällen, in denen ein Gebäude rückgebaut werden soll, zuvor alle Möglichkeiten zur Erhaltung des Bestands untersucht wurden.
Darüber hinaus müssen sich Städte auch in der Zukunft verändern können. So müssen zum Beispiel Städte in denen aufgrund von Wegzug eine hohe Leerstandsquote besteht oder durch Alterung der Bevölkerung ein erhöhter Bedarf an barrierefreien Wohnungen entsteht, sich an neue Situationen adaptieren können, um weiterhin lebenswert zu bleiben. Dabei sollten Rückbau und (Wieder-)Neubau behutsam eingesetzt werden.
Wird durch den Aufwand, ein Gebäude in Elemente zu zerlegen, nicht eine erhebliche Menge Energie verbraucht?
Ja, doch wie in zuvor erläutert, basiert dieses Forschungsprojekt auf der Annahme, dass die Entscheidung zum Rückbau des Gebäudes bereits getroffen wurde. Es bleibt also die Wahl zwischen selektivem Rückbau (Entkernen, sorgfältiges Trennen von Baumaterialien und Zersägen des Rohbaus) und konventionellem Abbruch/Abriss (Zerkleinerung bzw. Schreddern aller Baumaterialien und Entsorgung ggf. sogar ohne Sortentrennung). Bei Stahlbeton-Konstruktionen bedeutet ein Schreddern der Bauteile ebenfalls einen hohen Energieeinsatz durch die benötigten schweren Geräte und Maschinen (Betonzangen, etc.). Ein konventioneller Abbruch ist demnach in der Regel nicht energiesparender als ein selektiver Rückbau.
Zudem wird durch das Zerkleinern der abgebundenen Betonelemente die eingebrachte Herstellungsenergie des eingesetzten Zements unwiederbringlich vernichtet. Sowohl der Einsatz des Betonbruchs im Straßenbau als auch als Zuschlag im sogenannten Recycling-Beton (für den neuer Zement benötigt wird) bedeuten ein Downcycling des Konstruktionsbetons.
Ist es nicht extrem teuer ein Gebäude in Elemente zu zerlegen?
In Abhängigkeit von der Komplexität der Rohbaustruktur und des Zuschnittplans sowie den ggf. benötigten Hilfskonstruktionen ist der selektive Rückbau wesentlich aufwendiger als ein konventioneller Abbruch und damit auch teurer. Allerdings werden die Kosten von neuem Stahlbeton in Zukunft (aufgrund von Sandknappheit, Energieverteuerung, Einpreisung von CO2-Emissionen, etc.) sehr wahrscheinlich sehr stark steigen, sodass die Kosten für den erhöhten Aufwand durch das Bergen und Bereitstellen von recycleten Betonelementen vielleicht sogar aufgewogen werden könnten. Erscheint das Zersägen von Gebäuden zum heutigen Zeitpunkt noch zu teuer, sind es eher die neuen Materialien, die heute noch zu günstig sind, da deren eigentliche Kosten noch nicht voll durch deren aktuelle Preise abgebildet sind.
Wird durch den Transport der Elemente nicht eine erhebliche Menge Energie verbraucht?
Eine Tonne neu hergestellter Stahlbeton verursacht einen Ausstoß von ca. 180 kg CO2-Äq. (das sogenannte Global Warming Potential). Ein typischer LKW zum Transport von Baustoffen stößt ca. 11,1 kg CO2-Äq. pro 100km Fahrt und je Tonne Beladung aus. Ein gebrauchtes Betonelement könnte also per LKW bis zu 1600 km weit transportiert werden und würde dann immer noch weniger CO2-Ausstoß verursachen, als wenn stattdessen neuer Stahlbeton eingesetzt würde. Sollten die Elemente per Güterzug oder Schiff transportiert werden, wäre der mögliche Transportweg sogar noch weiter.
Natürlich gilt aber hier auch: Je näher am Rückbauort sich der (Wieder-) Neubaustandort befindet, desto besser.
Kann die Tragfähigkeit von wiederverwendeten Stahlbetonbauteilen sichergestellt werden? Und wenn ja, wie?
Ja, die Tragfähigkeit kann – ähnlich wie bei einem Umbau eines bestehenden Gebäudes – durch eine Kombination aus Prüfung, Bewertung und rechnerischem Nachweis zuverlässig sichergestellt werden, um Standsicherheit und Qualität zu gewährleisten.
Bereits in den frühen Planungsphasen unterstützen Bestandsunterlagen, insbesondere Bewehrungspläne und der Statikberichte, die Einschätzung der Tragfähigkeit.
Vor dem Rückbau wird der Zustand der Bauteile durch visuelle Inspektionen, zerstörungsfreie Prüfverfahren wie Rückprallhammermessungen und Bewehrungsortung mithilfe von Radargeräten untersucht. So lassen sich Betonfestigkeit, Bewehrungslage und mögliche Risse feststellen und bewerten. Fehlende Informationen können durch ergänzende Materialprüfungen, wie Bohrkernentnahmen oder das Freilegen der Bewehrung zur Ermittlung von Stabdurchmessern, Abständen und Karbonatisierungstiefe, gewonnen werden. Auf Grundlage dieser Ergebnisse erfolgt schließlich eine statische Nachrechnung, mit der die Eignung des Bauteils für den neuen Einsatzort bestätigt wird.
Bereits in den frühen Planungsphasen unterstützen Bestandsunterlagen, insbesondere Bewehrungspläne und der Statikberichte, die Einschätzung der Tragfähigkeit.
Vor dem Rückbau wird der Zustand der Bauteile durch visuelle Inspektionen, zerstörungsfreie Prüfverfahren wie Rückprallhammermessungen und Bewehrungsortung mithilfe von Radargeräten untersucht. So lassen sich Betonfestigkeit, Bewehrungslage und mögliche Risse feststellen und bewerten. Fehlende Informationen können durch ergänzende Materialprüfungen, wie Bohrkernentnahmen oder das Freilegen der Bewehrung zur Ermittlung von Stabdurchmessern, Abständen und Karbonatisierungstiefe, gewonnen werden. Auf Grundlage dieser Ergebnisse erfolgt schließlich eine statische Nachrechnung, mit der die Eignung des Bauteils für den neuen Einsatzort bestätigt wird.
Welche technischen und planerischen Faktoren beeinflussen das Schnittmuster beim selektiven Rückbau?
Das Schnittmuster beim selektiven Rückbau wird von verschiedenen technischen, statischen und logistischen Faktoren bestimmt. Ziel ist es, die Bauteile möglichst unbeschädigt, transportfähig und wiederverwendbar zu gewinnen.
Zu den wichtigsten Einflussgrößen zählen die Geometrie der Bauteile, der Bewehrungsverlauf, die Bauweise, die Logistik sowie das Rückbau- und Wiederverwendungskonzept. Bestehende Fugen oder Fertigteilanschlüsse werden bevorzugt genutzt, um Eingriffe in den Beton zu minimieren. Bei Ortbetonbauten, die im vorliegenden Forschungsprojekt speziell im Fokus liegen, müssen die Schnittlinien dagegen individuell geplant werden. Das Tragsystem und der Bewehrungsverlauf zeigen, an welchen Stellen Schnitte gesetzt werden können, ohne die Tragfähigkeit angrenzender Bauteile zu beeinträchtigen. Darüber hinaus beeinflusst der geplante neue Einsatzort des Bauteils die erforderlichen Abmessungen der wiedergewonnenen Elemente. Diese müssen sowohl den statischen Anforderungen genügen als auch transport- und montagefähig bleiben. Die maximalen Bauteilgrößen werden dabei in der Regel durch die Kran- und Transportkapazitäten begrenzt.
Dieses Forschungsprojekt wird gefördert durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen aus Mitteln der Zukunft Bau Forschungsförderung.